Theater: NV-Bühne
Die Gewerkschaft GDBA hat einen Arbeitskampf an Theatern und Opernhäusern mit einem Teilabschluss beendet.
Wie sich aus dem bisherigen Tarifvertrag NV-Bühne herauslesen lässt gab es eigentlich reichlich nachzubessern. Es wurde zwar die Einführung der 39-Stunden-Woche im Bereich “Bühnentechnik” erreicht, an vielen anderen Stellen gab es aber nur kleinere Nachbesserungen.
Aus unserer Sicht wäre mit konsequentem Arbeitskampf mehr dringewesen. Beim allerersten Warnstreik in der Geschichte der GDBA hätten wir uns eine längere Streikdauer gewünscht. 30 Minuten sind zwar ein Anfang, aber kaum spürbar. Wir müssen mutiger werden auch wenn man dabei Risiken eingeht.
Nach diesem Teilabschluss hoffen wir, dass die Verhandlungen zeitnah fortgeführt werden und weitere wichtige Themen besprochen- und vor allem mit Nachdruck durchgesetzt werden.
Als FAU-Betriebsgruppe werden wir zum Beispiel das Thema Gage weiter bearbeiten: Im NV-Bühne “Solo” und “Bühnentechniker” gibt es bisher KEINE gemeinsam anzuwendenden Gagenklassen oder Vergütungsstufen, wie z.B. im TVÖD und im Bereich “Chor” und “Tanz”. Wir sind auf individuelle Verhandlungen angewiesen.
Gesprochen werden muss auch über die Nichtverlängerungsklausel, über Mitspracherechte, wie z. B. die Bühnenschiedsgerichtbarkeit.
Das Abschaffen von altertümliche Begrifflichkeiten wie z. B. geborene und gekorene künstlerische Bühnentechniker.
Der NV Bühne Vertrag ist und bleibt ein Vertrag aus der Steinzeit, sodass wir als Beschäftigte an den Theatern für eine komplette Neuinterpretation des Tarifvertrages kämpfen müssen.

öffentlichen Dienst: TVöD
für den TVöD liegt jetzt ebenfalls eine Einigung auf dem Tisch. Wir TVöD-Beschäftigte werden durch sie zwar einen zusätzlichen Urlaubstag erhalten, aber dieser ist hart erkauft: So wird eine „doppelt freiwillige“ Erhöhung der Wochenarbeitszeit auf 42 Stunden für einen Zeitraum von 18 Monaten möglich werden. Zwar erst nach Ende der Probezeit und mit Zuschlägen, aber die Büchse der Pandora ist damit geöffnet. Nach immerwährenden Rufen der „Arbeitgeber“verbände nach einer Erhöhung der Wochenarbeitszeit wird mit der vorliegenden Einigung von diesen erstmals ein klarer Sieg gegen die Gewerkschaftsbewegung erzielt. Knapp 70 Jahre nach der erstmaligen Durchsetzung der 40-Stunden-Woche (in Westdeutschland) gelingt eine Anhebung der Wochenarbeitszeit statt einer Reduktion! Es ist weiterhin zu befürchten, dass die angebliche „Freiwilligkeit“ bei faktischer Arbeitsverdichtung, Personalnot und Druck von Oben mittelfristig nur noch auf dem Papier bestehen wird. Diese noch freiwillige Verlängerung der Arbeitszeit könnte in der Praxis dazu führen, dass immer mehr Beschäftigte gezwungen sein werden, diese zusätzlichen Stunden zu arbeiten um das Arbeitsaufkommen bewältigen zu können.
Die Löhne sollen ab April 2025 um 3% und ab Mai 2026 um 2,8% steigen. Das ist enttäuschend wenig angesichts des extremen finanziellen Drucks durch steigende Lebensmittel- (~30% seit 2021¹) und Mietpreise (insbesondere in Freiburg). Diese Erhöhungen gleichen kaum die Lohnverluste der letzten Jahre aus. Zudem ist völlig unklar wie sich die Weltwirtschaft und mit ihr Inflationsrate und Preise in Zukunft entwickeln werden. Gerade der von der aktuellen US-Regierung vom Zaun gebrochene Handelskrieg oder die auch bei uns spürbaren Auswirkungen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine lassen nicht gerade Gutes erwarten. Der mögliche finanzielle Druck könnte viele von uns in die „freiwillige“ Arbeitszeitverlängerung zwingen. Die lange Laufzeit von 27 Monaten in der „legale“ Streiks nicht möglich sind muss auch in diesem Zusammenhang als äußerst negativ bewertet werden.
Des Weiteren hat sich eine bemerkenswerte Besonderheit in die Einigung geschlichen: In Zukunft werden sich Auszubildende zur freiheitlich demokratischen Grundordnung bekennen müssen. Behördliche Arbeitgeber:innen nutzten solche Klauseln gerne, um Linke zu schikanieren. Es riecht leicht nach Radikalenerlass 2.0. So wurden bereits die ersten Erfahrungen in Jena, München oder Hessen gesammelt.² Diese Klausel stellt eine erhebliche Einschränkung der Meinungsfreiheit dar und wird dazu führen, dass linke Stimmen im öffentlichen Dienst fehlen werden.
Ausblick
Alles in allem bleiben die Ergebnisse weit hinter den Erwartungen zurück. Die durch den Tarifabschluss aufgezwungene Zeit der „Friedenspflicht“ müssen wir dringend dazu nutzen, um uns besser zu organisieren, Betriebsgruppen aufzubauen und unsere Streikfähigkeit zu erhöhen. Denn eins ist klar: Es braucht eine an der Basis starke und handlungsfähige Gewerkschafts- und Arbeiter:innenbewegung um zukünftig wieder in die Offensive zu kommen!
¹ https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/lebensmittel/lebensmittelproduktion/steigende-lebensmittelpreise-fakten-ursachen-tipps-71788
² https://jena.fau.org/2024/10/03/podiumsdiskussion-zum-thema-berufsverbote-vergangenheit-und-aktuelle-praxis/ und https://www.nd-aktuell.de/artikel/1190425.verfassungstreuecheck-im-oeffentlichen-dienst-pflicht-zur-verfassungstreue-einfallstor-fuer-repressalien.html